Dass das bisherige Modell nicht nachhaltig ist, wird nun schmerzhaft klar: Der mit fossiler Energie produzierte und zumeist importierte Dünger ist so teuer geworden, dass viele europäische Länder für das kommende Jahr drastische Ernteeinbußen erwarten. Dabei könnte man mit den entsprechenden Technologien aus den Gärresten von Biogasanlagen Dünger und sogar Humus produzieren: kostengünstig, regional und klimaschonend.
„BioProfit“ heißt das Projekt, zu dem sich fünf Institute – GET, AEE INTEC, LVA, ZFE und IWI -zusammengeschlossen haben. Die Projektgruppe wird Verfahren entwickeln, um die Gärreste von Biogasanlagen, die bislang teuer entsorgt werden müssen, profitabel nutzbar zu machen.
Die Gärreste, die in Biogasanlagen bei der Erzeugung von Biogas entstehen, bestehen zu 90 Prozent aus Wasser und enthalten neben dem wertvollen Wasser auch Nährstoffe, die ebenso wertvoll sind: Stickstoff, Phosphor und Kalium etwa. Üblicherweise wird diese Gärrest-Gülle als Dünger auf Feldern ausgebracht. Das Problem: Die Gülle führt zu einer weiteren Überdüngung der Böden, vor allem zu einem lokalen Stickstoff-Überschuss. Dieser zerstört nicht nur das Bodenleben, auch das Klima, sobald sich der Stickstoff in Lachgas verwandelt hat. Was noch an Kohlenstoff in der Gülle vorhanden ist, entweicht bei dieser Nutzung von Gärresten als CO2 in die Atmosphäre. Erschwerend hinzu kommt, dass Gülle eben aufgrund ihres hohen Nährstoff-Gehalts in den Wintermonaten nicht ausgebracht werden darf. Die Folge: Ein an und für sich wertvoller Rohstoff wird zu einem Problemstoff und in großen Tanks ungenutzt gelagert oder über weite Strecken abtransportiert.
Feststoffe und Flüssigkeit zu trennen, das Wasser aufzubereiten, lohnt sich bisher nur für wenige Biogasanlagen, was vor allem am Stickstoff liegt: Klassische Methoden wie Verdampfung und Ultrafiltration brauchen viel Energie und Chemikalien zur Vorbehandlung. Die Verfahren sind teuer und ineffizient und für die meisten Biogasanlagen, viele davon sind KMUs, wirtschaftlich nicht rentabel.
BioProfit ändert dies, indem die Projektpartner*innen ein neuartiges, kostengünstiges, Verfahren zum Einsatz bringen: Die Membrandestillation. Ziel des Projektes ist es das Verfahren, dass zurzeit im Labormaßstab funktioniert, so weiterzuentwickeln, dass es in realen Anlagen und unter den teilweise rauen Bedingungen an Biogasanlagen funktioniert.
Bei der Membrandestillation wird der Stickstoff in Form von Ammoniak bereits bei niedriger Temperatur (25-40 °C) über eine hydrophobe Membran verdampft und damit aus den Gärresten abgetrennt. Das Ammoniak wird als hochreines Destillat im sogenannten Permeat als Ammoniumsulfat gebunden und als Basaldünger nutzbar gemacht.
Die Energieversorgung für die Membrandestillation kann optimalerweise durch kostenlose Niedertemperaturabwärme erfolgen. Chemikalien zur Gärrestevorbehandlung entfallen.
Am Ende des Prozesses stehen drei Produkte: Das gereinigte Wasser, das dem Biogas-Prozessen wieder zugeführt werden kann (Schließung des internen Wasserkreislaufes) und Ammoniumsulfat als biologischer, regional erzeugter Düngerzusatz.
Die aus dem Gärresten abgetrennten Feststoffe können zukünftig gezielt zum Humusaufbau in Böden genutzt werden. Humusaufbau ist eine der wenigen Möglichkeiten, die es erlauben, CO2 in großem Umfang der Atmosphäre zu entziehen. Man spricht in diesem Zusammenhang auch von „Carbon Capture“ oder „Negativ Emission Technology“. Nebenbei wirkt sich das positiv auf die Bodenfruchtbarkeit aus, erhöht die Wasserspeicherkapazitäten und damit die Widerstandsfähigkeit der Landwirtschaft gegenüber den Folgen des Klimawandels.
ACR — Austrian Cooperative Research
GET – Güssing Energy Technologies
LVA – Lebensmittelversuchsanstalt
ZFE – Zentrum für Elektronenmikroskopie Graz
IWI – Industriewissenschaftliches Institut