Es gibt bereits verschiedenste technische Lösungen für die Sanierung von Geschoßwohnbauten. Trotzdem stagniert die Sanierungsrate seit Jahren auf sehr niedrigem Niveau. Damit können die ambitionierten Klimaschutzziele im Gebäudebereich nicht annähernd erreicht werden.
Die Gründe für die geringen Sanierungsaktivitäten sind mannigfaltig. Bei den aktuell üblichen Sanierungsprozessen, -techniken und -kosten bzw. der sehr niedrigen Preise für fossile Energieträger und elektrischen Strom, reichen die Rücklagen aus den monatlichen Betriebskostenabrechnungen für Hausverwaltungen nicht, weshalb umfassende Sanierungen nur schwer bzw. häufig mit einhergehenden erheblichen Mietkostenerhöhungen umsetzbar sind. Nachteilig und sowohl volks- als auch betriebswirtschaftlich falsch ist dabei, dass eine Bilanzierung sämtlicher Kosten nicht über den Lebenszyklus der Gebäude erfolgt.
Gleichzeitig sind die Arbeiten für übliche Sanierungsprozesse und -techniken sehr zeitintensiv und erfordern monatelange Arbeiten vor Ort inkl. Verwendung von Baugerüsten bzw. sogar zwischenzeitliche Aussiedelungen der BewohnerInnen. Weitere Hemmnisse sind u.a. verteilte Eigentümer*innenstrukturen, aufwendige Organisations- und Abwicklungsprozesse sowie sämtliche Fragen zur Risikoübernahme in Bezug auf Umsetzungsqualität und Energieeinsparung.
Um eine wesentlich höhere Sanierungsrate zu erreichen, müssen Dienstleistungen angeboten werden, die den Sanierungsprozess erheblich vereinfachen. Geschäftsmodelle, ähnlich dem niederländischen Konzept Stroomversnelling (bzw. international besser bekannt als Energiesprong), welches eine hocheffiziente Sanierung aus einer Hand für Einfamilienhäuser anbietet, werden dringend gebraucht. Für den Geschoßwohnbau könnten das sogenannte One-Stop-Shops sein, die ähnlich wie Generalunternehmer*innen, aber mit deutlich erweiterten Zuständigkeiten und Verantwortlichkeiten auftreten.
Parallel dazu braucht es gänzlich neue Sanierungsabläufe, die bau- und haustechnische Systeme sowie Energieumwandlung auf Basis erneuerbarer Energieträger verschmelzen und eine erhebliche Kostenreduktion bei gleichzeitiger Steigerung der Sanierungsqualität durch Standardisierung und industrielle Vorfertigung ermöglichen.
In diesem Sondierungsprojekt soll ein neuer Ansatz für die hocheffiziente Sanierung von Mehrfamilienhäusern in Österreich definiert und analysiert werden. Dieser Ansatz hat das Potenzial, den Sanierungsmarkt zu mobilisieren und die Sanierungsrate von derzeit unter 1% um das 3 bis 5-fache anzuheben. Das Ziel ist durch eine gezielte, neuartige Kombination aus technischen (modulare und skalierbare Gebäudetechniksysteme, multifunktionale Gebäudekomponenten, Modulbauweise und Standardisierung, industrielle Vorfertigung) und nichttechnischen Maßnahmen ein neues Dienstleistungsmodell (One-Stop-Shop) für Hausverwaltungen und Eigentümer*innengemeinschaften zu entwerfen und mit führenden Akteur*innen aus der Branche zu sondieren. Das Dienstleistungsmodell adressiert dabei die Themen Gesamtorganisation, Vertragserrichtung, Planung, Finanzierung, Umsetzung, Betriebsführung, Verrechnung, Komfortverantwortung sowie das Risiko in Bezug auf Umsetzungsqualität und erzielte Einsparungen. Die Integration von erneuerbaren Energieträgern, sogenannte „Mieterstrommodelle“ auf Gebäude bzw. Quartiersebene, sowie die Interaktion mit übergeordneten Energienetzwerken liefern dabei entscheidende Beiträge auf dem Weg zum Plusenergie-Quartier.
Zum Abschluss der Sondierung sollen dann klare Handlungsempfehlungen für die Umsetzung der Ergebnisse mit Hinblick auf eine rasche sowie breite Markteinführung gegeben werden.
Bundesministerium für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie (BMK). Programm ‚Stadt der Zukunft‘ https://www.bmk.gv.at/
AEE - Institut für nachhaltige Technologien
Universität Innsbruck, Arbeitsbereich Energieeffizientes Bauen - https://www.uibk.ac.at
Nussmüller Architekten ZT - https://www.nussmueller.at
TBH Ingenieur GmbH - https://www.tbh.at
Stroomversnelling/NL - https://stroomversnelling.nl
Energieinstitut Vorarlberg - https://www.energieinstitut.at