„nachhaltige technologien 04 | 2024"

Was bringt die Zukunft? Aus Sicht des Bauträgers WEGRAZ war die frühe Ein- bindung der Interessent*innen spannend und lehr- reich, brachte jedoch besondere Herausforderungen mit sich. Normalerweise wird bei Bauträgerprojekten eine gewisse Anzahl an Einheiten – oft zwischen 30 und 50 Prozent – vor Baustart verkauft. Dies stellte den Bauträger vor ein spezifisches Dilemma: Die Interessent*innen wurden sehr früh in den Planungs- prozess einbezogen, zu einem Zeitpunkt, an dem noch keine konkreten Informationen zu den geplan- ten Wohnungen vorlagen. Der Bauträger benötigte jedoch fixe Zusagen, um das Projekt tatsächlich rea- lisieren zu können. Die potenziellen Bewohner*innen wiederum konnten keine verbindliche Entscheidung treffen, ohne zu wissen, wie die Wohnungen aus- sehen würden oder wie viel sie kosten sollten. Es entstand ein Kreislauf, den es zu durchbrechen galt. Nachdem schließlich die Verkaufsunterlagen fertig- gestellt waren, konnten die am Kauf Interessierten eine Wohnung erwerben. Doch damit entstand eine neue Herausforderung: Sobald es mehrere Eigentümer*innen gibt, greift das Wohnungseigen- tumsgesetz: Dann ist für Änderungen an den Allge- meinflächen die Zustimmung aller Eigentümer*innen erforderlich. Das kann schwierig sein, insbesondere wenn die geplanten Maßnahmen mit zusätzlichen Kosten verbunden sind. Die Abstimmung und das Einholen der Zustimmung erfordern in solchen Fällen Geduld und Kompromissbereitschaft, was die parti- zipative Weiterentwicklung der Gemeinschafts- und Freiflächen erschwerte. Jetzt bleibt es spannend, denn die nächsten Jahre werden zeigen, inwieweit die Gemeinschafts- und Freiflächen trotz der engen Grenzen des Wohnungseigentumsgesetzes weiter- entwickelt werden können. Was sich ebenso zeigen wird ist die Anpassungs- fähigkeit der Energieversorgung und die Resilienz der Siedlung. Gleich im ersten Jahr haben sich die umfangreichen Maßnahmen für Versickerung und Wasserabfluss für ein hundertjähriges Hochwasser bezahlt gemacht. Umso mehr sollten wir uns als Gesellschaft überlegen, ob wir weiterhin Grünland verbauen wollen oder bestehende Siedlungsräume besser nutzen und schützen. Für das Team von AEE INTEC war es spannend mitzuerleben, welche Aspekte in Bezug auf Energie und Ressourcen für die Bewohner*innen interessant sind. Da ging es zum Beispiel um den Platzbedarf für den Warmwasserspeicher, aber auch darum, was Menschen über Dämmmaterial wissen, welche Energiequellen sie nutzen wollen, und inwieweit sie selbst in die Heizungsregelung eingreifen möchten. An dieser Stelle seien die Unterlagen von klimaaktiv Gebäude empfohlen, sie sind für partizipative Pla- nungsprozesse gut geeignet. Freiräume so angeordnet werden, dass sie vielseitig genutzt werden können - für Gemeinschaft und auch Rückzug. Das Ergebnis: Die Wohnungen konnten gut an den Bedarf der Bewohner*innen angepasst wer- den. Im Gemeinschaftshaus gibt es Platz zum Feiern, Kochen und Arbeiten. Die gemeinsam geplanten Grünräume werden in den nächsten Jahren anwach- sen und versprechen Erholung und Spaß, aber auch Früchte der Natur wie Obst, Gemüse und Kräuter. Die Preissteigerungen bei den Baumaterialien haben dem Projekt in der Errichtung zugesetzt und waren ein Vorgeschmack auf die Veränderungen, die auf uns in den nächsten Jahrzehnten zukommen. Eine PV-Anlage mit etwa 120 kWp auf den Dächern der Siedlung erzeugt mehr Strom als bilanziell über's Jahr benötigt wird. Zum Zeitpunkt der Planung war die Wirtschaftlichkeitsrechnung dafür vielverspre- chend. Nun sieht sich die Bewohner*innengruppe, welche die Anlage betreibt, nach Alternativen zur klassischen Einspeisung um. Dabei wird auch ge- prüft, ob es Sinn macht, den Strom aus der PV-Anlage zumindest im Sommer für die Warmwasserbereitung zu verwenden, oder bei der relativ kostengünstigen Nahwärme zu bleiben. Eine PV-Anlage mit etwa 120 kWp auf den Dächern der Siedlung erzeugt über's Jahr mehr Strom als benötigt wird Foto: Barbara Schwarz-Platzer 33 32 GEBÄUDE

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